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Last Supper – Die Henkersmahlzeit

Freiheit ist laut Rosa Luxemburg immer auch die Freiheit des Andersdenkenden — aber in der satirisch-schwarzen Komödie Last Supper kommen die Figuren zu einem anderen Schluss!

Der Literaturkurs Q1 führte am 24.6.2017 eine für die Bühne adaptierte Version eines Films von Stacy Title auf.

Fünf liberal eingestellte Studenten leben in einer WG und laden sich sonntags Gäste ein, mit denen sie über Politik und Zeitgeschehen diskutieren. Durch Zufall landet der Trucker Zack (Lukas Burchard) an ihrer gedeckten Tafel, der bald tönt, wie sehr er die Ideen Hitlers bewundert. Die Situation eskaliert und Steve (Leo Horst) ersticht den rechtsextremen Gast. Die Studenten vergraben ihr Opfer im Garten und kommen zu dem Schluss, der Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen zu haben.

„Wenn du die Gelegenheit gehabt hättest, Hitler vor seiner Machtergreifung zu töten und damit Millionen Menschenleben zu retten – hättest du es getan?“, wird zur moralischen Rechtfertigung des Mordes und zur Maxime ihres weiteren Handelns:

Die Gruppe beschließt, weitere Zeitgenossen mit zweifelhaften Ansichten zum Essen einzuladen und die Welt von ihnen durch vergifteten Wein zu befreien, es folgen ein erzkonservativer Reverend (Reyhan Güven), ein frauenverachtender Macho (Tristan Scheuer) und eine ignorante Society Tussi (Lea Belker).

Die Morde folgen schneller, die moralischen Hemmungen werden geringer. Schließlich reicht es, etwas dumm zu sein (Lina Brauner als naive Studentin) oder eine unbequeme Haltung einzunehmen (Emely Menge als konservative Schülerin, die ihre Schule wegen Sexualkundeunterricht verklagt).

Innerhalb der Gruppe kommt es im Laufe der Zeit vermehrt zu Spannungen. Einige plagen Schuldgefühle (Sophia Rietz als Paulie und Vivien Mrowitzki als Jude), andere zeigen unter dem Einfluss ihrer Machtausübung Anzeichen von Größenwahn, insbesondere Lucy (Marie Koch), die geradezu paranoid und gnadenlos wird und auch zwei schnüffelnde Polizisten (Julia Grabinski und Alina Worm) kurzerhand erschießt.

Im Finale erhalten die Studenten durch Zufall die Gelegenheit, dem größten politischen Agitator des Landes, Norman Bennett (Lukas Czarnuch), ihren besonderen Wein zu kredenzen. Die Fünf sind sich jedoch nicht einig über sein Todesurteil, sie ziehen sich in die Küche zurück und ihr Streit endet fast in gegenseitigem Mord. Währenddessen kommt ihnen Norman Bennett auf die Schliche und entdeckt den vergifteten Wein.
Am Ende triumphiert Norman als „des Volkes untertänigster Diener“ vor den fünf vergifteten Studenten.

Besonders hervorzuheben sind tolle schauspielerische Leistungen, vor allem von den Hauptrollen der Studenten: Leo Horst zwischen Verzweiflung und Galgenhumor, Marie Koch als abgebrühte Serienmörderin, Maximilian Müller, der authentisch den eigentlich angepassten Juristen mimt, Sophia Rietz, die glaubwürdig einige Gefühlsschwankungen durchlebt und Vivien Mrowitzki, die den Wechsel zwischen kaltblütig und reuevoll darzustellen schafft. Aber auch die Darsteller der Nebenrollen schafften es, den karikierenden Figuren Leben einzuhauchen.

Ein großen Dankeschön gilt auch Lukas Czarnuch, der sich trotz Marathon-Einsatzes im MPG-Kultursommer bereit erklärte, die Rolle des kaltblütigen Polit-Medien-Agitators zu übernehmen.

Auch abseits der Bühne sorgte ein engagiertes Regieteam (Luisa Böning, Carolina Mross und Lena Bode) für eine gelungene Inszenierung, unterstützt von dem Technikteam mit Melissa Tudora, Duygu Kalbidelik, Moritz Altenhöfel und Linus Wegener.

Iris Brormann