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Ein etwas anderes Interview - oder: Wie Geschichtsunterricht auch sein kann...

Gruppenfoto mit unserem Gast, Herrn Roman Franz

Was macht für euch einen „guten Geschichtsunterricht“ aus? Würde man diese Frage Schülerinnen und Schülern stellen, so würde man wohl häufig hören, dass es nicht „das Wissen“ ist, was die Lehrperson ihnen vermitteln möchte, sondern die Geschichten, die im Unterricht hier und dort erzählt werden. Denn Erlebnisse, wie der Lehrer oder die Lehrerin sie vielleicht selber erfahren haben, wie sie in der eigenen Familie weitergegeben wurden oder durch interessante Exkursionen und Gesprächen mit Zeitzeugen zu hören waren, sind die Dinge, die bei Schülerinnen und Schülern nachhaltig „hängen bleiben“. Doch im Schulalltag fehlt hierzu leider oft die Zeit. Daher sind Ankerpunkte, an denen die Schülerinnen und Schüler – aber auch die Lehrkräfte – ein wenig aus diesem „Hamsterrad“ ausbrechen können, umso wichtiger. Einer dieser Momente, in dem sowohl die Lehrer als auch Schülerinnen und Schüler aufmerksam von der ersten bis zur letzten Minute zuhörten, alle Beteiligten unglaublich motiviert und engagiert waren und alle am Schluss mit einem guten Gefühl, ein „Mehr“ mitgenommen zu haben, ereignete sich am heutigen Freitag, dem 13.12.2019, in unserer Schule im Rahmen der AG „Gegen das Vergessen: Die Geschichte der Sinti und Roma in Gelsenkirchen - Gestern, heute und morgen“.

Denn am heutigen Tag hatten wir Besuch von Roman Franz, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Sinti und Roma in NRW. Er vertritt die Interessen und Belange der mehr als 70000 Sinti und Roma aus NRW. Für unser Projekt soll Herr Franz als „Bindeglied“ zwischen damals (der Zeit zwischen 1933 und 1945) und heute fungieren. Dafür hatten wir ihn zu einem Interview eingeladen, welches die Schülerinnen und Schüler der AG im Vorfeld mit Fragen vorbereitet hatten. Begleitet wurde der Besuch von Kamera- und Tonaufnahmen. Doch wie es im Leben so ist: Irgendwie kam es ein wenig anders, als gedacht.

Denn wir alle dachten, dass eine Persönlichkeit wie der Vorsitzende des Landesverbandes eher distanziert und reserviert sein würde. Aus den Vorbesprechungen heraus klang es so, dass Herr Franz auch diese Interviews schon unzählige Male absolviert habe und daher wisse „wie so etwas abläuft“. Allerdings sollten wir uns auf allen Seiten täuschen. Wir als AG waren verblüfft und überrascht, wie sehr die Chemie zwischen Herrn Franz und uns von der ersten Minute stimmte. So begegnete er den Schülerinnen und Schülern in einer sehr offenen, herzlichen, ja beinahe schon „großväterlichen“ Art, ohne dabei jedoch seine Position zu verlassen. Auch machte er den zunächst noch etwas verständlicherweise unsicheren Schülerinnen, die ihn interviewen wollten, schnell klar, dass es keine „falschen“ oder zu persönlichen Fragen geben würde. „Wenn“, so Herr Franz, „eine Frage zu persönlich sein sollte“, würde er wie ein Politiker geschickt „drumherum reden“. Schnell verflogen Anspannung und Ängste und das Interview wurde zu einem beeindruckenden Statement eines Mannes, der seinen Beruf als „Berufung“ versteht. Selten hat man solch eine Stille bei Neuntklässlern wahrnehmen können. Hier konnte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Zwar war der ursprüngliche Plan, das Interview über zwanzig Minuten zu führen. Doch es wurden über drei Stunden, die natürlich von Pausen unterbrochen wurden. In dieser Zeit zogen sich die Schülerinnen und Schüler zurück, um neue Fragen zu sammeln, die sich spontan auftaten. Denn das, was Herr Franz zu erzählen und zu berichten hatte, war nicht nur spannend, interessant und lehrreich, es regte zum Nachdenken an und motivierte die Schülerinnen und Schüler, sich weiter einzubringen.

Weitere Tipps, Hinweise und Kooperationsmöglichkeiten wurden immer wieder ausgelotet. Auch könnte sich Herr Franz u.a. für das Max-Planck-Gymnasium vorstellen, jährlich Gesprächsangebote mit Schülerinnen und Schülern unserer Schule anzubieten, damit wir mehr über die Kultur der Sinti und Roma erfahren, aus der Vergangenheit lernen und für uns etwas mitnehmen. Denn diese Gespräche, in denen es auch um den Abbau von Vorurteilen geht, sowie Toleranz und Meinungsbildung gehören zum Leitbild unserer Schule als „Schule ohne Rassismus“.

Wir sind auf den weiteren Weg unserer AG gespannt und auf künftige Kooperationen mit dem Landesverband der Sinti und Roma und dem MPG.

M. Heiland