Besuch der Jahrgangsstufe 10 in der NS-Dokumentationsstätte Gelsenkirchen
von MH

Während der Führung arbeiteten sich die Gruppen chronologisch durch die Jahre 1914 bis 1945. Im ersten Teil ging es um die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Weimarer Republik, die den Aufstieg der NSDAP begünstigten. Anhand von Wahlplakaten, Dokumenten und zeitgenössischen Fotografien konnten die Schüler*innen nachvollziehen, wie die Nationalsozialisten versuchten, auch in Gelsenkirchen Fuß zu fassen – in einer Stadt, die zunächst stark von Arbeiterbewegungen und kommunistischen Strömungen geprägt war.
Besonders eindrücklich war die Auseinandersetzung mit der lokalen Dimension der NS-Herrschaft. So erfuhren die Jugendlichen, dass auch in Gelsenkirchen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder politischen Überzeugung verfolgt, entrechtet und ermordet wurden. Die Führung verdeutlichte, dass die nationalsozialistische Ideologie nicht nur in den großen Zentren wie Berlin oder München ihre Opfer forderte, sondern ebenso im Ruhrgebiet tiefe Spuren hinterließ. Wie die Nationalsozialisten Gelsenkirchen ganz im Sinne ihrer Ideologie die Stadt umbauen und unter anderem eine Arena nach dem Vorbild Alt-Germanischer "Thing-Stätten" mit Platz für rund 200.000 Menschen errichten wollten, zeigt den Größenwahn des NS-Regimes. Dieser Plan konnte jedoch aufgrund fehlender finanzieller Mittel nie in die Tat umgesetzt werden.

Im Verlauf der Ausstellung stießen die Schüler*innen auf erschreckende Beispiele: die systematische Entrechtung jüdischer Familien, die Zusammenarbeit örtlicher Behörden mit dem Regime und die Rolle Gelsenkirchener Akteure, die bis heute Teil der Stadtgeschichte sind. Besonders bewegend waren die Räume, in denen originale Relikte wie das Wahlprogramm der NSDAP, das noch vor der eigentlichen Machtergreifung erstellt und über eine ganze Wand hinweg angebracht und nun wiederzusehen waren oder in denen Verhöre stattgefunden haben, aber auch eine Vitrine, in denen die Schüler*innen die in den Konzentrationslagern zur Kennzeichnung verschiedener Gruppen getragenen Wimpel sehen konnten.
Die Exkursion bot nicht nur historische Informationen, sondern auch Anlass zur kritischen Reflexion. In den Gesprächen des Historikers der Dokumentationsstätte wurde immer wieder der Bezug zur Gegenwart hergestellt: Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit zeigt, wie gefährlich totalitäre Ideologien, wie der der AfD sind und dass eine demokratische Gesellschaft stets wachsam bleiben muss.
Die Schüler*innen zeigten sich tief beeindruckt von den Eindrücken, die sie an diesen rund zwei Stunden gesammelt haben. Mit dem Besuch der NS-Dokumentationsstätte ist ein erster Schritt getan, sich intensiv mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen – eine Auseinandersetzung, die in der kommenden Gedenkstättenfahrt nach Kamp Vught ihre Fortsetzung findet.